Die Arbeit von Zusammenleben-in-Hiddesen war durchweg erfolgreich, ist aber keineswegs beendet oder überflüssig. Die meisten der Neubürger*innen leben inzwischen in eigenen Wohnungen. Einige sind aus Detmold verzogen, halten aber teilweise noch den Kontakt und geben ab und zu ein meist erfreuliches Lebenszeichen.
Ein zunehmender Anteil arbeitet inzwischen, einige noch bei Zeitarbeitsfirmen, andere auf dem ersten Arbeitsmarkt. Sie sind oft schon unabhängig von Sozialleistungen und zahlen Steuern. Die ersten Jugendlichen haben ihr Abitur oder Fachabi gemacht, sind im Studium oder starten gerade. Einige sind in Ausbildung, haben ihren mittleren Schulabschluss. Einige Frauen sind mittlerweile in der Pflege tätig, nachdem sie die entsprechenden Prüfungen erfolgreich absolviert haben. Ein Teil der Neubürger*innen hat nun die deutsche Staatsbürgerschaft beantragt und wartet auf den deutschen Pass. Einige wenige haben ihn inzwischen bekommen.
Diese Erfolge haben spürbar das Selbstbewusstsein der Neubürger*innen gestärkt und sie sind dankbar für die Unterstützung. Die Ehrenamtlichen von Zusammenleben-in-Hiddesen bekommen immer wieder zurückgespiegelt: Ohne euch hätten wir das nie geschafft!
Die Erfolge dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch viel zu tun gibt. Es wird deutlich: Integration gleicht eher einem Marathon als einem Sprint. Langer Atem ist angesagt in der Begleitung der Geflüchteten der vergangenen Jahre. Und für die Neuzugezogenen beginnt ein neuer Marathon.
Die Aufgaben der Ehrenamtlichen haben sich teilweise verändert, geblieben ist die Hilfe nach dem Motto „Hilf mir, es selbst zu tun“. Spielte früher die Orientierung im Ortsteil und in der Kernstadt eine große Rolle, so sind heute Ausbildungs-, Arbeits- und Wohnungssuche für einige von ihnen besonders wichtig. In diesen Bereichen haben sie mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Obwohl sie sich meist gut in Hiddesen eingelebt und hier jetzt ihre Kontakte haben, müssen sie z. B. in einen anderen Ortsteil ziehen, oft in eine kleine oftmals minderwertige Wohnung, weil sie sich Wohnungen in Hiddesen nicht leisten können. Und eine eigene Wohnung zu haben, läuft nicht immer problemlos. Verträge, Abrechnungen und bürokratische Hürden müssen verstanden, manchmal auch korrigiert werden. Wohnungen werden zu klein, wenn neue Kinder geboren werden, größere sind zu teuer, denn der eigene Verdienst reicht noch nicht für große Sprünge. Manche haben eisern für Führerschein und Auto gespart, denn ohne ist auch manche Arbeitsstelle im Schichtdienst nicht erreichbar.
Ein Teil der Neubürger*innen ist weiterhin von Sozialleistungen abhängig, einige Familien werden es noch lange sein. Jene, die auch in ihrer Heimat keine oder nur wenige Jahre die Schule besuchten, tun sich weiter sehr schwer mit dem Erlernen des Lesens und der deutschen Sprache. Das ist oft ein Hinderungsgrund für eine Ausbildungs- und Arbeitsstelle. Die Arbeitssuche gestaltet sich aber auch bei denen schwierig, die bestimmte Arbeiten eigentlich praktisch gut bewältigen könnten, denen dann dafür aber die Zeugnisse fehlen.
Immer ist also noch Begleitung notwendig, Hilfe bei Anträgen auf Bürgergeld ebenso wie bei Anträgen auf Kinder-, Eltern-, Wohngeld oder Kinderzulage. Das ist selbst für Ehrenamtliche oftmals eine Herausforderung, ebenso wie das Verstehen der Bürgergeldbescheide. Und in einigen Fällen ist angesagt, ihnen zu helfen, mit dem zur Verfügung stehenden Geld auszukommen, Schulden zu vermeiden, oder alte abzuzahlen. Bei Schwierigkeiten mit Krankenkassen, Arztterminen und -berichten brauchen manche Begleitung, ebenso bei Kita- und Schulkontakten. Und die unterschiedlichen Rollenvorstellungen in ihrer Heimat und hier in Deutschland sind nicht für alle Paare und Familien gut zu bewältigen, so dass auch hier Ehrenamtliche zu Beratungsstellen vermitteln können.
Und oftmals wird auch ganz praktische Hilfe gebraucht, z. B. Transport und Aufbau von Möbeln oder das Besorgen gebrauchter Erstausstattung von Neugeborenen wie Kinderbett und -wagen, Schwangerschaftskleidung oder Kinderkleidung.
Bleibend wichtig ist auch die Unterstützung beim Lesenlernen, Deutschverstehen und -sprechen. Alphabetisierungskurse sind in den letzten Jahren rar geworden in Detmold. Manchmal gelingt es, einen niederschwelligen stundenweisen Kurs zu bekommen, der aber auch Unterstützung braucht, damit das Ziel A2 oder B1 erreichbar wird.
Nicht alles, was wünschenswert wäre, lässt sich erreichen, manches nur in kleinen Schritten. Austauschtreffen und die Vernetzung der Ehrenamtlichen stärken jede und jeden und bewahren bei Rückschlägen und Schwierigkeiten vor Resignation.